11.12.2021
Focus-Interview mit CEO Markus Haas:"Die Kunden bleiben aus Überzeugung bei uns"
Zum Jahresende stellt sich Markus Haas, Vorstandsvorsitzender von Telefónica Deutschland / O2 den Fragen von Thomas Tuma, Chefautor des Focus. Er spricht über ein turbulentes Jahr und die Zukunft des Telekommunikationsmarkts. Fazit: Trotz Pandemie ist die Telefónica / O2 so gut aufgestellt wie noch nie. Wir veröffentlichen an dieser Stelle Auszüge des Interviews.
Was wünschen Sie sich von der neuen Bundesregierung?
Markus Haas: Planungssicherheit. Nach der Coronakrise müssen alle Akteure mehr investieren in die Infrastruktur. Da gibt es einen jahrelangen Rückstau. Was es nicht mehr geben darf: Frequenz-Versteigerungen wie in der Vergangenheit.
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... die dem Bund immerhin Abermilliarden gebracht haben. Waren Sie schon bei dem Goldrausch der UMTS-Versteigerungen im Jahr 2000 dabei?
Markus Haas: Das war für mich leider ein Lehrstück im negativen Sinn.
Inwiefern?
Markus Haas: Damals habe ich gelernt, dass man manchmal viel mehr Mut benötigt, um zu etwas „Nein“ zu sagen. Niemand wagte es damals, ohne einen Frequenzvertrag die Auktion zu beenden. Wie die sich zum Schaden aller entwickelt hat – das war rückblickend betrachtet wirklich verrückt.
So schlimm?
Markus Haas: Die Katerstimmung war schnell entsprechend, zumal die Technik noch gar nicht reif und die Handys noch teuer waren. Es dauerte etliche Jahre, bis überhaupt das erste iPhone auf den Markt kam. Hätten wir den Milliardenerlös aus der Auktion nicht für den Schuldendienst, sondern für Infrastrukturinvestitionen nutzen können, hätten wir heute mit Sicherheit eine der besten Netzinfrastrukturen – inklusive Glasfaser - der Welt.
Sind nur die anderen Schuld? Welche Fehler hat Ihre Branche selbst gemacht?
Markus Haas: Wir hätten als Industrie früher damit anfangen müssen zu kooperieren. Beim Schließen der 4G-Lücken machen wir das schon besser. Da baut jeder der drei großen Anbieter bis zu 2000 Masten im ländlichen Raum und stellt die auch den anderen zur Verfügung.
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Angeblich haben Sie schon 100 deutsche Städte mit 5G versorgt. Gilt das Versprechen, bis 2025 fertig zu sein?
Markus Haas: Wir haben die Zahl 100 schon deutlich überschritten und werden in vier Jahren die gesamte Bevölkerung Deutschlands mit 5G versorgen.
Warum sind in den Niederlanden schon rund 60 Prozent mit 5G versorgt, auch im Flächenstaat USA kaum weniger?
Markus Haas: Beim echten 5G sind wir in Deutschland durchaus führend. Es gibt Mitbewerber, die mit dem „größten 5G-Netz“ werben. Das fußt aber im Wesentlichen auf einem Upgrade des bisherigen 4G-Netzes ohne echte Verbesserungen der Leistung. Man sollte da ehrlich gegenüber den Kunden sein.
Was wird mit 5G eigentlich besser? Können Sie uns ein paar konkrete Anwendungsbeispiele nennen?
Markus Haas: Es ist einfach deutlich schneller, was die Reaktionszeiten angeht. Für die Industrie macht es eine viel präzisere Prozesssteuerung möglich. Sie können von Rumänien aus dann einen Container im Hamburger Hafen millimetergenau in Echtzeit fernsteuern. Ein anderes Beispiel: Ein großer Flugzeughersteller hatte beim Turbinenbau bislang einen Ausschuss von rund 20 Prozent, weil die Fräsen einfach nicht so genau arbeiten konnten. Mit dem Einsatz von 5G beträgt der Ausschuss aufgrund der höheren Produktionseffizienz nur noch 2 Prozent. Das wiederum bedeutet auch größere Nachhaltigkeit und geringere Kosten. Hinzu kommt: Jede Art von Mobilität braucht künftig ständig Software-Updates. Aufgrund der immer größer werdenden Datenmengen sind die mit 5G überhaupt erst möglich. Und mit 5G hat man auf Großveranstaltungen trotz Tausender anderer Nutzer nie wieder eine langsame Netzverbindung.
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O2 musste sich lange viel Kritik für sein schlechtes Netz anhören. Wenn Kundenzufriedenheit ein Marathon ist, bei Kilometer wieviel stehen Sie da jetzt?
Markus Haas: So ein Wettkampf endet nie. Aber aktuell haben wir die zufriedensten Kunden. Das liegt auch an der deutlich verbesserten Qualität unseres O2 Netzes. Nicht umsonst holte es sich in unabhängigen Netztests mehrfach die Note „sehr gut“. [...] Speziell auf dem Land gibt es aber noch einige Zweifler. Für sie starten wir im Dezember eine neue Werbekampagne, die auf die Stärke unseres Netzes abzielt.
Wie messen Sie die Kundenzufriedenheit?
Markus Haas: Mit dem NPS - das ist die Kurzform für Net Promoter Score. Diese Zahl misst, wie viele Kunden uns weiterempfehlen. Wir haben unsere Firma furios neu aufgestellt in den vergangenen fünf Jahren. Auch die Zahl der Kunden, die uns trotzdem verlassen, ist mit rund zehn Prozent im Jahresdurchschnitt historisch niedrig. Das darf uns aber natürlich nicht sorglos machen. Im Gegenteil. Wir gehen noch im Dezember einen Schritt weiter und schaffen defacto die Vertragslaufzeiten ab. Die Kunden sollen aus Überzeugung bei uns bleiben, und nicht, weil sie ein langfristiger Vertrag bindet.
Zuletzt haben Sie Rekordzahlen verkünden können. Im dritten Quartal schwoll Ihr Umsatz auf rund zwei Milliarden Euro an. Ist Telefónica ein Corona-Gewinner?
Markus Haas: Wir hatten auch schwierigere Monate, als all unsere Shops Lockdown-bedingt geschlossen bleiben mussten. Aber der Mobilfunk ist aus dem Leben der Menschen natürlich nicht mehr wegzudenken, auch wenn Deutsche immer noch weit weniger für die Dienstleistungen auszugeben bereit sind als der Rest der Welt. In den USA liegt der Umsatz pro Kunde bei rund 50 Dollar pro Monat. Hier zu Lande liegt man eher bei zehn.
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Das ganze Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Focus und auf Focus online.
* | Connect-Mobilfunk-Netztest, Heft 1/2022: „sehr gut“ (874 Punkte); insgesamt wurden vergeben: dreimal „sehr gut“ (944, 913 und 874 Punkte) |
Von: Klaus Schulze-Löwenberg
Klaus Schulze-Löwenberg ist seit 2016 Leiter Produkt & Technologiekommunikation bei O2 Telefónica. Zuvor seit 2008 Teil des Kommunikationsteams der E-Plus Gruppe und als Teamleiter verantwortlich für die Netz- und Produktkommunikation.
Auf unserer 5G-Netzinfoseite finden Sie alle Informationen zum neuen Mobilfunkstandard.
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