30.03.2021
CEO Markus Haas im Interview mit dem Münchner Merkur:"In fünf Jahren hat jeder 5G-Empfang"
Warum Frequenzauktionen der besten digitalen Netzinfrastruktur im Wege stehen? Was der Preis eines Cappuccinos damit zu tun hat? Weshalb der 5G-Ausbau in München jetzt schneller voranschreitet und wie sich Corona auf den O2 Tower auswirkt? Zu diesen und weiteren Fragen hat unser CEO Markus Haas mit dem Münchner Merkur gesprochen.
Auszüge aus diesem Gespräch veröffentlichen wir hier, das vollständige Interview im Münchner Merkur vom 30. März 2021.
Telefónica Deutschland hat seinen Sitz in einem prominenten Gebäude in München, dem 146 Meter hohen O2 Tower. Steht das Hochhaus seit Beginn der Pandemie leer, weil die Belegschaft im Homeoffice ist?
Markus Haas: Zumindest phasenweise lag die Auslastung des Towers bei etwa zehn Prozent. Und auch jetzt wird der größte Teil des Gebäudes noch immer nicht genutzt. Bei uns kann jeder, der will, meistens von Zuhause aus arbeiten. Und weil das sehr gut funktioniert, wollen wir dieses hybride Arbeiten auch nach der Pandemie beibehalten. In Zukunft soll niemand mehr morgens im Stau oder in einer vollen S-Bahn stehen müssen, um zu Telefónica zu kommen.
Das heißt, Sie brauchen das Hochhaus nicht mehr?
Markus Haas: Doch, die Flächen im Tower benötigen wir auch weiterhin. Wir verfolgen ja eine klare Wachstumsstrategie. Zudem ziehen wir gerade die Mannschaften aus Nebengebäuden wieder im Tower zusammen. Der O2 Tower bleibt auch künftig der O2 Tower.
Im Herbst haben Sie den Startknopf für den Ausbau des 5G-Netzes gedrückt, unter anderem in München wird gebaut. Wie weit sind Sie?
Markus Haas: Insgesamt haben wir im gesamten Stadtgebiet München mehr als 500 Antennenstandorte. Davon sind inzwischen rund zehn Prozent mit 5G-Antennen bestückt. Und es werden ständig mehr.
Liegen Sie damit im Zeitplan? Gemeinsam mit Ihren Mitbewerbern hatten Sie in einem Brief beklagt, dass in München der Ausbau „im bundesweiten Vergleich herausfordernd“ läuft. Offenbar befassen sich fünf städtische Referate gleichzeitig mit 5G.
Markus Haas: Natürlich gab es in München an einigen Stellen Diskussionen, insbesondere was das Stadtbild angeht. Die 5G-Antennen sind etwas höher als die 4G-Antennen. Aber hier hat sich der Oberbürgermeister persönlich eingesetzt. Es gibt nun durch einen parteiübergreifend getragenen Beschluss deutlich bessere Rahmenbedingungen für den Netzausbau in München.
Das bedeutet?
Markus Haas: Ja. Inzwischen haben wir einen kurzen Draht ins Rathaus und zu den Stadtwerken. Wir reden miteinander und nicht übereinander. Unser Eindruck ist, dass es insgesamt ein gestiegenes Bewusstsein dafür gibt, dass München auch bei 5G in der Champions League spielen muss. Wir geben jetzt Vollgas und halten an unserem Ziel fest, bis Ende 2021 in München ein rasend schnelles 5G-Netz für die Stadt aufzubauen.
Wann wird 5G den Massenmarkt erreicht haben?
Markus Haas: Das wird in den kommenden zwölf bis 18 Monaten der Fall sein. Entscheidend ist, dass es bis dahin günstigere Endgeräte gibt. Gleichzeitig bauen wir das Netz in der Fläche aus. In fünf Jahren wird jeder in Deutschland 5G-Empfang haben, egal wo er wohnt.
[...]
Wenn das 5G-Netz tatsächlich so schnell kommt, wie von Ihnen geplant. Der Ausbau des 4G-Netzes hat in Deutschland extrem lange gedauert.
Markus Haas: Inzwischen haben wir bei 4G eine Netzabdeckung von 98 Prozent. Deutschland ist zwar Nachzügler, aber die Wachstumsraten sind hoch. Die Datenvolumina steigen jedes Jahr signifikant an. 5G wird uns helfen, diesen Anstieg zu bewältigen. In Deutschland liegt das monatliche Datenvolumen noch bei drei Gigabyte pro SIM-Karte – in Österreich sind es 20 Gigabyte. Deswegen geben wir bei 5G Vollgas. Und bei 4G schließen wir im Gleichschritt mit dem Wettbewerb die letzten Lücken.
Aber wie wollen Sie das schaffen?
Markus Haas: Vor allem durch gemeinsame Nutzung von Standorten. Fast jeden Turm, den wir im ländlichen Raum bauen, können unsere Mitbewerber mitnutzen. Das gleiche gilt auch umgekehrt. Damit sind wir schneller und kostengünstiger. Dadurch werden wir in den nächsten vier Jahren noch einmal rund 7000 zusätzliche Antennenstandorte haben, wo es heute noch keine Abdeckung gibt. Damit erreichen wir fast 100 Prozent Netzabdeckung.
Warum hat der Ausbau in der Vergangenheit so lange gedauert?
Markus Haas: Sobald in Deutschland neue Frequenzen vergeben werden, ist die Versteigerung bisher das bevorzugte Mittel der Politik und der Bundesnetzagentur. Das hat dazu geführt, dass wir in den vergangenen 20 Jahren rund 66 Milliarden Euro für Frequenzen ausgeben mussten. Dadurch fehlt das Geld für Investitionen in die Mobilfunknetze. Deutschland ist daher in der EU im hinteren Drittel, was die digitale Infrastruktur angeht. Dabei könnten wir schon heute die besten Glasfaser- und Mobilfunknetze haben, wenn man es so machen würden wie andere Länder. Dort gibt es keine Versteigerungen.
Um wie viel Prozent würden die Handykosten sinken, sofern es keine Frequenzversteigerungen mehr gäbe?
Markus Haas: So einfach ist die Rechnung nicht, denn wir wollen das Geld ja zunächst in die Standorte stecken. Außerdem: Die Preise im Mobilfunk sind in den vergangenen Jahren gesunken – trotz Versteigerungen. Der Grund ist aber ein anderer: Es gibt seit jeher eine hohe Wettbewerbsintensität im deutschen Mobilfunkmarkt und die durchschnittliche Zahlungsbereitschaft eines Deutschen für den Mobilfunktarif liegt nur bei 33 Cent am Tag. Das ist europaweit einer der niedrigsten Werte. Zum Vergleich: Ein Cappuccino im Café kostet drei Euro. Der Cappuccino ist in fünf Minuten getrunken, das Smartphone nutzt man den ganzen Tag. Ich kann nach einer teuren Versteigerung nicht sagen, ich erhöhe jetzt mal die Mobilfunktarife. Das geht bei der Wettbewerbsintensität und Zahlungsbereitschaft gar nicht.
Sehen Sie Chancen, dass sich an der Versteigerungspraxis etwas ändert?
Markus Haas: Das wird im Bundestag derzeit diskutiert. Bayern hat sich als Bundesland dafür eingesetzt, dass es zumindest bei der Verlängerung von bestehenden Frequenzen keine Versteigerung gibt. Die bayerische Staatsregierung unterstützt das, weil sie natürlich auch sieht, dass man jeden Euro nur einmal ausgeben kann. Und wenn uns Corona eins gezeigt hat, dann das: Jeder in die digitale Infrastruktur investierte Euro ist ein guter Euro.
[...]
Gab es in den vergangenen Jahren im spanischen Mutterkonzern Überlegungen, sich angesichts des komplizierten Netzgeschäftes in Deutschland aus dem Markt zu verabschieden?
Markus Haas: Nein, ganz im Gegenteil. Telefónica hat seinen Anteil an seiner deutschen Tochter vor fünf Jahren sogar auf 70 Prozent ausgeweitet. Die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen ja. Wir haben in Deutschland keine Hyperinflation, keine Währungsrisiken und keine politischen Risiken. Im Konzern ist Spanien der starke Heimatmarkt, der südamerikanische Markt steht für große Wachstumschancen. Und Deutschland ist – neben dem britischen Markt – der sichere Hafen mit Wachstumspotenzial im Konzern.
Auf unserer 5G-Netzinfoseite finden Sie alle Informationen zum neuen Mobilfunkstandard.