22.11.2024
Mobilfunkdaten zeigen Mobilitätswandel:Nur noch halb so viele Inlandsflüge wie vor Corona, Zuwachs bei Bahnfahrten
- Mobilität in Deutschland liegt 2024 sechs Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau
- Schiene als einziger Verkehrsträger mit Plus von acht Prozent im Aufwind
- Langfristige Analyse auf Basis anonymisierter und aggregierter Mobilfunkdaten im Netz
Telekommunikationsanbieter O2 Telefónica und Analysespezialist Teralytics AG haben das Reiseverhalten der Deutschen in den vergangenen fünf Jahren untersucht. Die Langzeitbetrachtung legt offen: Die Deutschen reisten in den ersten zehn Monaten des Jahres nur noch leicht weniger als vor der Coronapandemie – aber vor allem reisten sie anders. Die Mobilität in Deutschland liegt laut Analyse rund sechs Prozent unter dem Niveau des gleichen Zeitraums 2019.
Die Analyse zeigt vor allem einen Wandel der Mobilität mit einem klaren Gewinner: Als einziges Verkehrsmittel erfreuen sich Bahnreisen zunehmender Beliebtheit. Im Gegensatz dazu bleiben Reisen per Auto oder Bus leicht unter dem Vor-Corona-Niveau, Inlandsflüge sind sogar signifikant eingebrochen. Die Untersuchung basiert auf anonymisierten und aggregierten Mobilfunkdaten, die bei der Bewegung zwischen Mobilfunkzellen erfasst wurden.
„Unsere Mobilitätsdaten verdeutlichen einen Wandel im Reiseverhalten der Menschen in Deutschland. Die verstärkte Nutzung der Bahn zeigt, dass sich die Mobilitätsgewohnheiten zugunsten umweltfreundlicherer Alternativen verändert haben, gestützt durch den politischen Willen für bezahlbare bundesweite Mobilität im öffentlichen Personennahverkehr. Gleichzeitig ist die Mobilität insgesamt leicht zurück gegangen. Gründe dafür könnten die vermehrte Nutzung digitaler Anwendungen sowie weniger Dienstreisen sein“, erklärt Markus Haas, CEO von O2 Telefónica.
Deutlicher Rückgang bei innerdeutschen Flugreisen
Besonders drastisch ist der Einbruch bei den innerdeutschen Flugreisen, die im Jahr 2024 bislang rund 50 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegen. Die Analyse verzeichnet demnach nur noch halb so viele Flugreisen von Menschen innerhalb Deutschlands.
Nordrhein-Westfalen ist eines der Bundesländer, das von dieser Tendenz besonders betroffen ist: Im Jahr 2024 fanden rund 65 Prozent weniger inländische Flugreisen von oder zu den Flughäfen Nordrhein-Westfalens - wie Düsseldorf oder Köln-Bonn - statt als vor Corona. Das zeigt eine gesonderte Auswertung für das bevölkerungsreichste deutsche Bundesland.
Viele Airlines haben die Zahl ihrer innerdeutschen Flüge reduziert, und immer mehr Menschen nutzen anscheinend digitale Tools für Konferenzen, anstatt zu fliegen.
Weniger Reisen mit Auto und Bus als vor der Coronapandemie
Reisen auf der Straße liegen im Jahr 2024 immer noch etwa sieben Prozent unter den Werten der Vor-Corona-Zeit. Im Vergleich zum Vorjahr 2023 hat sich die Zahl der Reisen auf der Straße in diesem Jahr allerdings um zwei Prozent gesteigert. Bahnreisen verzeichnen wiederum eine positive Entwicklung. Trotz der Herausforderungen durch Streiks und Verspätungen ist die Schiene laut Analyse der einzige Verkehrsträger in Deutschland, der im Vergleich zur Situation vor der Coronapandemie ein Plus bei der Anzahl an Reisen verzeichnen kann. Die Coronapandemie führte insbesondere in den Jahren 2020 und 2021 zu einem deutlichen Einbruch der Reisebewegungen auf der Schiene.
Laut Analyse liegt die Zahl der Bahnreisen im Jahr 2024 rund acht Prozent höher als 2019. Ein Grund für die Steigerung kann die Einführung der deutschlandweiten Ticketangebote gewesen sein.
Positiver Einfluss der Ticket-Subventionen
Die Analysewerte legen nahe, dass die Einführung des 9-Euro-Tickets von Juni bis August 2022 sowie das Angebot des Deutschlandtickets („49-Euro-Ticket“) seit Mai 2023 maßgeblich zur Steigerung der Bahnreisen beigetragen haben. In diesen Zeiträumen nutzten mehr Menschen das Verkehrsmittel Bahn für ihre Inlandsreisen. Das 9-Euro-Ticket führte ab Juni 2022 zu einem rapiden Anstieg der Bahnreisen um bis zu 24 Prozent im Vergleich zu 2019. Die Mobilitätsanalyse verzeichnet in diesem Zeitraum demnach ein Viertel mehr innerdeutsche Bahnfahrten als im Verkehrsalltag vor Corona.
Nach dem Ende des dreimonatigen Ticketangebots fiel die Zahl der Reisen im September 2022 schlagartig wieder um rund 16 Prozent unter das Vor-Corona-Niveau. Mit der Einführung des 49-Euro-Tickets im Mai 2023 stieg die Zahl der Bahnreisen erneut deutlich an. Diese liegt seitdem im Schnitt über den Vergleichswerten von 2019.
Sondereffekte durch Bahnstreiks und Fußball-EM
In der monatlichen Detailbetrachtung zeigen sich auch Ausnahmen: So verzeichneten Bahnreisen im Januar 2024 trotz Deutschlandticket ein Minus von knapp neun Prozent. In den gleichen Monat fielen die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL.
Eine positive Ausnahme stellt die heimische Fußball-EM dar: Mit einem Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vor-Corona-Niveau verzeichnet die Analyse für Juni 2024 die meisten Bahnreisen seit der Unterstützung durch das 9-Euro-Ticket im Jahr 2022. Hier kamen zu den zahlreichen Pendlern viele in- und ausländische Fans hinzu, die per Bahn zu den Spielen der Fußball-Europameisterschaft reisten.
Die Analysespezialisten werden weiter beobachten, wie sich die Reiseentwicklung in den kommenden Monaten weiterentwickelt.
„Die Ergebnisse der Mobilitätsanalyse unterstreichen, wie wertvoll Daten für das Verständnis gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen sind. Mit der fortschreitenden Digitalisierung wächst unser Datenschatz, den wir gezielt nutzen sollten, um die deutsche Wirtschaft und die Gesellschaft voranzubringen. Es ist an der Zeit, datenbasierte Erkenntnisse noch stärker in unsere strategischen Analysen und Entscheidungen einzubeziehen“, sagt Markus Haas.
Für die Auswertung hat die Teralytics AG bundesweite Fahrten ab 30 Kilometer Länge analysiert, bei denen sich Menschen zwischen verschiedenen Mobilfunkstandorten hinwegbewegen. Diese Bewegungen wurden über ein umfassendes Verfahren anonymisiert und aggregiert, sodass in der Auswertung keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind. Grundlage der Analysen sind die Bewegungen im O2 Netz, das rund 45 Millionen Kund:innen von O2 Telefónica in Deutschland nutzen.
Von: Florian Streicher
Florian Streicher ist Pressesprecher (Senior Media Relations Manager) für Technologie- und HR-Themen bei O2 Telefónica. Er ist seit 2017 in der Kommunikationsabteilung des Unternehmens tätig, wo er sich um die kommunikativen Schwerpunkte Netzausbau, 5G, IT, Technologie-Innovationen und Personalthemen kümmert. Zuvor war er in der Kommunikationsberatung tätig.
Weitere Informationen
- Mobility Insights – Mobilitätsanalysen für Verkehr und Wirtschaft
- O2 Telefónica Mobility Monitor: Mobilität in Deutschland