02.12.2022
TecTalk mit Innovationsexpertin Gautam-Nigge:Deutschland muss mehr „in Beta denken“
Wie kann Deutschland in Zukunft als Innovationsstandort erfolgreich sein? Für SAP-Innovationsmanagerin Deepa Gautam-Nigge und CEO Markus Haas ist im TecTalk klar: Wissen alleine bringt noch keine Innovation. Erst wenn Erfindungsgeist, Wirtschaft und Wissenschaft in einem Ökosystem zusammenspielen, kann Neues entstehen.
O2 Telefónica TecTalk mit SAP-Innovationsmanagerin Deepa Gautam-Nigge (links) und O2 Telefónica CEO Markus Haas.
Die Erfindung des Autos sei die letzte große Sprunginnovation in Deutschland gewesen, schreibt Innovationsexpertin Deepa Gautam-Nigge in ihrem Buch „#Ecosystem Innovation – wie Innovationen unsere Zukunft sichern“. Was muss also passieren, damit Technologien und Erfindungen aus Deutschland wieder weltweit erfolgreich werden? Im O2 Telefónica TecTalk diskutiert O2 Telefónica CEO Markus Haas darüber mit der SAP-Managerin, die sich seit 20 Jahren mit Innovation beschäftigt.
Mehr Beta wagen
Die Stärken Deutschlands – für Markus Haas liegen sie auf der Hand: „Das Wissen zur Entwicklung technischer Dinge liegt in Deutschland.“ Nur wenige Länder weltweit würden über so gut ausgebildete Expert:innen und insbesondere über so viel Ingenieurskunst verfügen. Doch, und das sei die Schwierigkeit, würden Innovationen und neue Technologien hierzulande nur selten zur Marktreife gebracht. „Wenn es uns gelingt, etwas in Kundennutzen umzusetzen und schnell zu sein, können wir auch vorne mit dabei sein“, sagt Markus Haas. Dabei sei es hilfreich, „mehr in Beta zu denken“. Als Positiv-Beispiel nennt er die Corona-Zeit: Während der Pandemie habe Deutschland gezeigt, dass man auch schnell hervorragende Ergebnisse liefern könne.
Rahmenbedingungen entscheidend
Ein typisch deutsches Hemmnis ist nach Ansicht von Gautam-Nigge die oft kritische Grundeinstellung gegenüber Innovation. Die ersten Reaktionen auf neue Technologien wie künstliche Intelligenz oder datengetriebene Geschäftsmodelle seien häufig „Angst und Skepsis“. Die enormen Chancen würden dabei übersehen. „Innovation ist kein Selbstzweck“, betont Gautam-Nigge. „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir die Gesellschaft, Bürger, Menschen abholen müssen.“
Ein weiterer wichtiger Hebel sind nach Ansicht der Innovationsexpertin die politischen Rahmenbedingungen. Bei der Regulierung und der Finanzierung von Innovationen sei Deutschland nicht gut aufgestellt, kritisiert Gautam-Nigge. Es fehle in Deutschland oftmals an Fördergeldern, um Innovationen über den Beta-Status hinaus zu finanzieren und zu wirtschaftlichem Erfolg zu führen.
Innovationstreiber 5G
Basis für jede Innovation ist nach Ansicht der beiden Gesprächspartner:innen die digitale Infrastruktur. „Für mich ist sie das Fundament, auf dem alles steht“, betont Gautam-Nigge. Bei 5G sei Deutschland sehr gut aufgestellt, erklärt Haas. „Da sind wir europaweit unter den Top 5.“ 5G sei Voraussetzung für viele Zukunftstechnologien, etwa für Cloud-Anwendungen, Smart Cities und Industrie 4.0. Der neue Mobilfunkstandard werde die Organisation in Fabriken komplett verändern, weil Maschinen mobil werden, betont Haas: „Wir stehen erst am Anfang dieser Produktionsrevolution.“
Ein hervorragendes Bildungssystem, ein wachsendes Ökosystem für Startups, ein enger Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, eine gute digitale Infrastruktur – Deutschland habe beste Chancen, auch in Zukunft als Innovationsstandort erfolgreich zu sein, sagt Gautam-Nigge. Deutschland müsse Schlüsseltechnologien definieren, in denen man zur Weltspitze gehören will. „Welche Themen wollen wir bewusst entwickeln?“, fragt Gautam-Nigge. Ein Thema, in dem Deutschland seine Stärken ausspielen könnte, ist nach ihrer Ansicht die Dekarbonisierung und Klimaschutztechnologie.
Die Emoji-Frage
Zum Abschluss fragt Birgit Dengel die Gesprächspartner:innen nach ihren Wünschen für den Innovationsstandort Deutschland – ausgedrückt in einem Emoji. Deepa Gautam Nigge wählt ein lachendes Emoji mit zwei Sternen-Augen: „Das ist der Funke, der überspringen muss“, damit Deutschland wieder ein Motor der Innovation wird. Für Markus Haas ist das Ziel ähnlich optimistisch: ein Raketen-Emoji – als Sinnbild für „auf zu den Sternen“, wo es für das Land beim Thema Innovationen hingehen soll.
Von: David Biebricher
David Biebricher ist Senior PR-Manager bei O2 Telefónica.
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Die bisherigen Gäste:
- Martin Weiss, CEO von Hubert Burda
- Ria Schröder, FDP Politikerin
- Achim Berg, Präsident Bitkom e.V.
- Verena Pausder, Digitalexpertin
- André Schwämmlein, Co-Founder und CEO von FlixMobility
- Alexander Sixt, Co-CEO der Sixt SE
- Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München
- Dr. Stefan Oschmann, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsleitung von Merck
- Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP