08.12.2021
Namensbeitrag von CEO Markus Haas:„Für einen digitalen Ruck müssen wir alte Zöpfe abschneiden“
Große Aufgaben liegen vor der neuen Bundesregierung, die nun an den Start gegangen ist. Eines der bestimmenden Themen ist eine beschleunigte Digitalisierung. Denn nicht nur die Pandemie hat unmissverständlich klar gemacht: Es muss ein digitaler Ruck durch Deutschland gehen, um Fortschritt und künftigen Wohlstand zu sichern. Industrie 4.0, smarte Mobilitätskonzepte, Klimaschutz, digitales Arbeiten und Lernen müssen endlich selbstverständlich werden und nicht im Konzeptstatus verharren. Dazu müssen wir in Deutschland alte Zöpfe abschneiden und eine neue Politik wagen.
Die Regierungsparteien haben es über Jahre nicht geschafft, Deutschland aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Sie haben weder die notwendige Geschwindigkeit noch die Entschlossenheit für eine schnelle Digitalisierung des Staates gefunden. Digitale Global Player haben ihre Heimat vornehmlich in den USA oder Asien. Beim Infrastrukturausbau in Europa sind Länder aus Skandinavien oder dem Baltikum führend. Deutschland ist dagegen digitales Mittelmaß. Bürokratie, Kleinklein in politischen Entscheidungen und das Festhalten an veralteten Konzepten lähmen das Land. Digitale Visionen wurden bisher in der Abstimmung konkurrierender Ministerien und Behörden zerrieben. Dies muss vor allem mit Blick auf die Telekommunikationspolitik ein Ende haben! Ohne unsere Netze gibt es keine umfassende Digitalisierung. Daher brauchen wir eine Telekommunikationspolitik aus einem Guss.
Weitsichtige Planung: Neue Frequenzen berücksichtigen
Im Mobilfunk hängt der Ausbau der Infrastruktur maßgeblich von der Vergabe des verfügbaren Frequenzspektrums ab. Deshalb muss die Telekommunikationspolitik eine Frequenzplanung entwickeln, die nicht nur die nächsten zwei Jahre betrachtet. Sie muss mindestens eine Dekade reichen und alle Frequenzbereiche berücksichtigen, die in diesem Zeitraum bereitgestellt werden. Fehlende langfristige Planungssicherheit führt unmittelbar zu einer geringeren Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Deshalb sollte die Vergabe der künftigen Frequenzen die Chancen des modernisierten Telekommunikationsgesetzes nutzen und alternative Verfahren anstatt investitionshemmender Versteigerungen einsetzen. Die bisherige gesetzliche Vorfestlegung auf Auktionen wurde richtigerweise abgeschafft. Immerhin haben überteuerte Frequenzauktionen den Netzbetreibern seit dem Jahr 2000 rund 67 Milliarden Euro an Investitionsmitteln entzogen. Der Staat nahm das Geld ein und nutzte es vornehmlich zum Schuldenabbau und für politische Prestigeprojekte. Aber für den Netzausbau fehlten die Mittel, was im Wesentlichen ursächlich für viele der Netzlücken ist.
Bessere Netze: Nutzungsrechte verlängern statt versteigern
Mein Plädoyer ist daher klar: Anstatt in Auktionen auf Maximalerlöse für die Staatskasse zu spekulieren, sollten Nutzungsrechte für das Spektrum im ländlichen Raum verlängert werden - gegen festgelegte Zahlungen und Ausbauzusagen. Dies trifft besonders auf die in 2025 auslaufenden Nutzungsrechte für die 800 MHz Frequenzen zu. Sie werden für die flächendeckende 4G-Versorgung eingesetzt und bleiben noch für viele Jahre das Rückgrat für schnelles mobiles Internet in ländlichen Regionen. Ich begrüße es sehr, dass die Bundesnetzagentur sich unlängst gegenüber der FAZ geäußert hat, eine solche Verlängerung in Betracht zu ziehen. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und die Behörde sollte diesen Weg nun entschlossen weitergehen. Denn eine kurzfristige Auktion dieser Frequenzen könnte die Netzversorgung für Millionen von Menschen verschlechtern, statt sie – wie zurecht politisch gefordert - zu verbessern. Für das O2 Netz könnte der Wegfall dazu führen, dass ein erheblicher Teil der Fläche Deutschlands keine LTE-Versorgung mehr hätte. Und das, obwohl das Gros des mobilen Datenverkehrs der Verbraucher auch weiterhin über 4G laufen wird.
Hinzu kommt: Für einen der aktuell aktiven Netzbetreiber wird es bei einer Auktion praktisch unmöglich, die im Jahr 2019 auferlegten Versorgungsauflagen dauerhaft zu erfüllen. Denn für künftig vier Netzbetreiber reicht das Spektrum nicht. Bundesweit aktive Netzbetreiber, die bei einer möglichen Auktion zu kurz kommen, müssten auf höherwellige Frequenzbänder ausweichen und wegen deren geringerer Reichweite mehrere Tausend zusätzliche Standorte bauen. Das würde schon an der schwierigen Standortsuche scheitern. Ganz abgesehen von den notwendigen zusätzlichen Investitionen in Milliarden-Euro-Höhe. Um die über Jahre mühsam aufgebaute Versorgung außerhalb der Ballungsräume nicht zu gefährden, gibt es für mich deshalb keine Alternative zu einer Verlängerung bis in den Anfang der 2030er Jahre. Bis dahin hat sich der künftige vierte Netzbetreiber zudem über eine National Roaming (NR) Regelung mit uns den 4G Netzzugang gesichert.
Belastbarer Rahmen: Für mehr Sicherheit und Souveränität sorgen
Neben der Frequenzvergabe spielt die Sicherheitspolitik eine wichtige Rolle für einen zügigen Netzausbau. Die Sicherheit der Verbraucher:innen sowie der Unternehmen ist zurecht ein zentrales politisches Ziel, das nicht verhandelbar ist. Aber politische Sicherheitskonzepte müssen den Unternehmen dennoch eine langfristige Planung ermöglichen und dürfen weder Betrieb noch Investitionen hemmen. Das neue BSI-Gesetz aus dem Jahr 2021 lässt jedoch noch wesentliche Fragen offen. Für einen schnellen bundesweiten 5G-Ausbau muss zweifelsfrei geregelt sein, welche Komponenten als kritisch einzustufen sind und welche nicht. Und schließlich brauchen wir für das Netz der Zukunft eine Innovationspolitik, die sich einer stärkeren digitalen Souveränität Europas gegenüber den USA und Asien verschreibt. Dazu gehört, Forschung und Entwicklung zu fördern und öffentliche Mittel in Cloud-Technologie, 6G und Open-RAN zu investieren. Erste Ansätze gibt es bereits. Doch auch hier vermisse ich Mut und Entschlossenheit.
Höhere Durchschlagskraft: Weichen für mehr Tempo stellen
Gerade der internationale Vergleich führt vor Augen: Wir haben in Deutschland schon viel zu viel Zeit damit verloren, Themen in verschiedenen Ressorts zu verschleppen, anstatt an einem ganzheitlichen Konzept zu arbeiten. Damit muss Schluss sein. Ich bin davon überzeugt: Eine Telekommunikationspolitik mit hoher Durchschlagskraft kann zusätzliche privatwirtschaftliche Investitionen in den Infrastrukturausbau auslösen. Wir als Telefónica Deutschland / O2 nehmen unseren Teil der Verantwortung sehr ernst: Allein in 2021 investieren wir mit rund 1,3 Milliarden Euro so viel wie noch nie in unser Netz. Jetzt ist die künftige Regierung gefragt, die Weichen für noch mehr Tempo bei der Digitalisierung zu stellen.
Frequenzen für den ländlichen Raum
Niedrigwellige Frequenzen unter 1 GHz eigenen sich wegen ihrer physikalischen Eigenschaften gut für die Versorgung in ländlichen Regionen. Sie haben eine große Reichweite. Mit Frequenzen oberhalb von 1 GHz lassen sich Ballungsräume gut versorgen.
Im 800 MHz Bereich stehen insgesamt 60 MHz für den Mobilfunk zur Verfügung. Davon sind pro Netzbetreiber mindestens 20 MHz nötig, um hochwertige Datendienste mit den in den Ausbauauflagen festgeschriebenen Datengeschwindigkeiten zu ermöglichen. Das verfügbare Spektrum lässt sich also sinnvoll nur durch drei Netzbetreiber teilen. Das ebenfalls in diesem Bereich liegende 900-MHz-Band wird bis auf weiteres noch für GSM als Kern der Sprachtelefonie und Basisdatendienste gebraucht. Daher sind die bundesweiten Mobilfunknetzbetreiber auf das 800-MHz-Spektrum angewiesen.
Weitere Informationen:
Auf unserer 5G-Netzinfoseite finden Sie alle Informationen zum neuen Mobilfunkstandard.
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