08.12.2020
Interview mit CEO Markus Haas:"Deutschland müsste gerade bei 5G die Führung übernehmen"
Telefónica Deutschland / O2 versorgt seit Ende November 2020 98 Prozent der deutschen Haushalte mit schnellem Mobilfunk über das 4G-Netz. Damit erfüllt das Unternehmen die bundesweite Versorgungsauflage der Bundesnetzagentur (BNetzA) aus der Frequenzauktion 2015. Unser CEO Markus Haas hat diesen wichtigen Schritt mit der Tageszeitung WELT ebenso diskutiert wie zahlreiche andere zentrale Unternehmensthemen des Jahres 2020: die weiteren Netzausbaupläne von Telefónica Deutschland / O2, das kommende IT-Sicherheitsgesetz und die Huawei-Frage oder die Verhandlungen mit 1&1 Drillisch zum National Roaming. Wir veröffentlichen an dieser Stelle Auszüge des Gesprächs. Das vollständige Interview findet sich in der WELT vom 8. Dezember 2020.
Herr Haas, Sie freuen sich über das Ergebnis des jüngsten Netztests der Fachzeitschrift „Connect“. Warum eigentlich? Sie sind in der Gesamtwertung erneut Letzter geworden.
Markus Haas:Wir haben zum ersten Mal mit unserem O2 Netz die Note „sehr gut“* erreicht. Das ist für uns ein Meilenstein in der Firmengeschichte. Wir haben den Abstand zu unseren Wettbewerbern so stark verringert, dass es zwischen den Netzen kaum noch Unterschiede gibt. Das war unser Ziel, als wir mit E-Plus zusammengegangen sind. Und jetzt haben wir es erreicht. Deutlich früher als geplant.
Der Weg dahin war eher holprig. Die Bundesnetzagentur hatte Ihnen sogar eine Strafe angedroht, weil Sie den Ausbauverpflichtungen nicht nachgekommen sind, die mit der Vergabe von Frequenzen vorgegeben waren. Schaffen Sie die vorgegebenen Ziele bis zur Nachfrist Ende des Jahres?
Markus Haas: Eine Vorgabe des Regulierers ist die bundesweite Haushaltsabdeckung von 98 Prozent bis Jahresende. Die haben wir bereits im November geschafft. Auch bei der zweiten Vorgabe, in allen Bundesländern 97 Prozent der Haushalte zu erreichen, sind wir gut unterwegs. In den meisten Bundesländern haben wir das Ziel bereits erreicht. Und wenn die Wetterlage so bleibt, schaffen wir auch den Rest.
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Wie ambitioniert sind Ihre Ausbaupläne? Wird der Tag kommen, an dem Telefónica das beste Netz in Deutschland hat?
Markus Haas: Unser Ziel ist es natürlich, das beste Netz in Deutschland zu bauen. Und das ist in Reichweite und absolut machbar. Wir geben Vollgas.
Beim neuen Mobilfunkstandard 5G sind sie erneut ein Nachzügler. Im Vergleich zur Telekom und Vodafone sind Ihre Ausbauziele wenig mutig.
Markus Haas: Wir bauen bedarfsgerecht. Von den aktuellen Smartphones im Markt können derzeit weniger als fünf Prozent den neuen Mobilfunkstandard nutzen. Wichtig ist jetzt, dass die Nutzer überall ein hervorragendes 4G-Netzerlebnis haben. Und das gibt es bei uns. Wir werden bis Ende nächsten Jahres 30 Prozent der Bevölkerung mit 5G erreichen. Ende 2025 haben wir dann eine komplette Bevölkerungsabdeckung. Für den 4G-Ausbau haben wir in Deutschland übrigens doppelt so lang gebraucht.
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Großbritannien hat entschieden, Huawei-Technik auch aus bestehenden Netzen auszubauen. Könnte das auch den deutschen Netzen passieren?
Markus Haas: In Deutschland soll kein Hersteller namentlich in dem Gesetz ausgeschlossen werden. Der Fokus der Bundesregierung liegt vor allem auf 5G-Technologien. Wir brauchen auf jeden Fall Planungssicherheit, bevor wir mit 5G in die Fläche gehen und hoffen, dass wir sie im ersten Quartal des nächsten Jahres bekommen.
Das neue IT-Sicherheitsgesetz sieht die Möglichkeit vor, nicht vertrauenswürdige Anbieter auszuschließen. Mit welchem Risiko kalkulieren Sie? Was hätte das für Folgen?
Markus Haas: Wir haben mit allen Herstellern Rahmenvereinbarungen. Sollte einer mit seiner Technik nicht zertifiziert werden, müssten wir zu einem anderen Hersteller wechseln. Das würde zugleich aber auch bedeuten, dass wir die Ziele für den Netzausbau und in der Folge auch andere Unternehmen ihre Digitalisierung verschieben müssten. Und das, wo wir bei der Digitalisierung in Deutschland gerade Rückenwind haben. Es wird viel Geld investiert, auch vom Bund. All das würde ausgebremst werden, was bedauerlich wäre. Dabei müssten wir gerade bei 5G als Industrienation eine Führungsrolle übernehmen.
Wie viel Zeit würde ein Huawei-Verbot Telefónica in Deutschland zurückwerfen?
Markus Haas: Für uns ist das erste Quartal des kommenden Jahres ein kritischer Zeitpunkt. Weil wir 5G vorerst nur in einigen Städten ausgebaut haben, würde es uns nicht länger als ein Jahr zurückwerfen. Andere Netzbetreiber, die mehr gebaut haben, würden stärker darunter leiden. Das Risiko hält sich für uns also in Grenzen.
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Es gibt mit 1&1 Drillisch, eine United Internet-Tochter, ein viertes Unternehmen, das ein 5G-Netz aufbauen will. Die Lizenzbedingungen verpflichten Sie zur Zusammenarbeit beim National Roaming, also bei der Mitbenutzung der bestehenden Netze. Warum gibt es noch immer keine Einigung?
Markus Haas: Die Lizenzbedingungen verpflichten 1&1 in erster Linie, selbst auch auszubauen. Warum sonst sollte man Spektrum erwerben, wenn man dieses dann nicht nutzt, sondern die ausgebauten Netze des Wettbewerbs. Die Diskussion um das National Roaming ist mir zu einseitig. Aber wir sind einigungsbereit und haben ein sehr attraktives Angebot vorgelegt. Das Beste, was 1&1 je bekommen hat. Verschenken können wir den Zugang aber auch nicht.
Das klingt nach einem Ende der Verhandlungen. Rechnen Sie damit, dass die Bundesnetzagentur als Schiedsrichter angerufen wird?
Markus Haas: Wir sind überzeugt davon, dass unser Angebot allen behördlichen Überprüfungen standhält. Wir haben uns bis zur Schmerzgrenze bewegt. Weitere Verhandlungen erübrigen sich deswegen.
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Ihre Konkurrenten sind integrierte Anbieter, die sowohl ein Funk- als auch ein Festnetz haben. Sie müssen sich ein Festnetz dazu mieten. Das klingt nach einem Nachteil.
Markus Haas: Natürlich wäre es schön, ein eigenes Festnetz zu haben. Im Glasfaserbereich haben wir gerade erst den Einstieg in den Markt verkündet. Es gibt aber insgesamt große Herausforderungen, was die Investitionen und Zukunftsfähigkeit der Infrastrukturen angeht. Wir haben uns eine Position erarbeitet, in der wir grundsätzlich auch ohne eigenes Festnetz ein Vollsortiment anbieten können. Wir können jedem Haushalt in Deutschland einen Breitbandzugang anbieten, entweder über das TV-Kabel, über VDSL, Glasfaser und über Mobilfunk. Durch unsere Kooperationen kann ich mich fast vollständig auf Investitionen in den Mobilfunk konzentrieren.
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Welche Lehren sollten wir aus der Corona-Pandemie für Deutschland ziehen?
Markus Haas: Eines haben wir gelernt: Deutschland kann Krise. Wenn es darauf ankommt, sind wir in der Lage, pragmatische Lösungen zu finden. Wir haben in sechs Wochen Lockdown mehr Digitalisierungsprozesse angestoßen als in den sechs Jahren davor. Das macht Mut. Ich wünsche mir, dass wir uns das auch genauso wie die ständige Veränderungsbereitschaft nach der Pandemie beibehalten.
Von: Klaus Schulze-Löwenberg
Klaus Schulze-Löwenberg ist seit 2016 Leiter Produkt & Technologiekommunikation bei O2 Telefónica. Zuvor seit 2008 Teil des Kommunikationsteams der E-Plus Gruppe und als Teamleiter verantwortlich für die Netz- und Produktkommunikation.
Mehr Informationen:
Versorgungsauflage: Telefónica / O2 versorgt rund 7 Millionen Menschen zusätzlich mit 4G
Auf unserer 5G-Netzinfoseite finden Sie alle Informationen zum neuen Mobilfunkstandard.