17.04.2018
LPWA-Netzwerke:Die Basis für das Internet der Dinge
Nach Ansicht zahlreicher Experten und Marktforschungsinstitute sollen weltweit bis zum Jahr 2020 mehrere Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein. Diese imposante Größenordnung lässt die Welle erahnen, die auf die nächste Generation im Mobilfunk zurollt.
In vielen Bereichen werden netzwerkfähige Geräte nach den Vorstellungen der Entwickler in naher Zukunft alles und jeden digital miteinander vernetzen. Bereits heute kommunizieren allerorten Gebrauchsgegenstände und Maschinen über das Internet. Das Internet of Things (IoT) ist daher auch für Telefónica ein besonders relevantes digitales Wachstumsfeld. Ein zentraler Faktor für den zukünftigen Erfolg des IoT sind dabei die Übertragungstechnologien, welche die Maschinen und Gegenstände erst miteinander vernetzen und kommunizieren lassen.
Bei den dafür eingesetzten Schnittstellen, die als Brücke ins Internet agieren, handelt es sich in der Mehrzahl um eine in ihrer physikalischen Größe überschaubare, aber dennoch extrem leistungsfähige Elektronik. Oftmals sind es nur wenige Quadratzentimeter kleine, kompakte Elektronik-Boards, die - primär bestückt mit einem Microcontroller und einer SIM-Karte - für die Kommunikation mit der entfernten Außenwelt sorgen. Drumherum allerlei Anschlüsse für diverse Messfühler, Sensoren und Aktoren.
Die Welt des Mobilfunks hat sich also verändert. Zukünftig stehen nicht mehr nur Smartphones, Tablet PCs oder Notebooks im Vordergrund.
IoT-Geräte drängen in die Netze
Die hohe Zahl an IoT-Geräten stellt dabei zukünftig nicht nur besondere Anforderungen an die klassische Netzwerktechnik, die maßgeblich zur Außenkommunikation benötigt wird. Sie verlangt auch nach grundlegend neuen technischen Spezifikationen und Features in den Netzen. Den größten Anteil an vernetzten Geräten wird der „Internet of Things (IoT)“-Sektor hervorbringen. Strom- und Wasserzähler, Sensoren und Messaufnehmer zur Abfrage physikalischer Umgebungswerte, winzige (HD)-Kameras zur Überwachung von Gebäuden und Anlagen, passiv funkende RFID-Produktsicherungen in Geschäften, unzählige Smart Home-Bausteine oder Alarmgeber sind einige Beispiele von vielen.
Die Bandbreite der Übertragungen kann dabei sehr unterschiedlich sein: Sie reicht von kurzen Datentelegrammen in Form von IP-Paketen mit wenigen Bytes zur Übertragung von Messdaten bis hin zum megabytegroßen Streaming von HD-Videos. Eine weitere Dimension stellt die Zeitachse dar – so senden einige IoT-Geräte nur selten Datenpakete ins Netz, andere wiederum permanent.
„Hello World!“: Von ganz einfach bis hochkomplex
Die Welt der IoT-Geräte teilt sich grob in zwei Felder auf: Bei der Vernetzung von IoT-Geräten, die fernab fester Stromquellen betrieben werden, steht die energiearme, aber fehlerfreie Übertragung meist kurzer Datenpakete im Vordergrund. Der geringe Energieverbrauch garantiert lange Batterielaufzeiten, ebenso wichtig ist ein möglichst geringer Wartungsaufwand. Diese Faktoren sorgen für einen kostengünstigen, autarken Betrieb in abgelegenen oder schwer zugänglichen Gebieten. Ein Beispiel ist die digitale Wasserzähleranbindung mit Hilfe von NB-IoT in Chile, hier ist Telefónica bereits über einen Feldversuch hinaus. Die umfangreichen Technologietests in Südamerika belegen die Funktionalität der Wasserzähler-Fernmesslösung unter realen Bedingungen. Die vernetzten IoT-Geräte können im privaten Umfeld beispielsweise leerstehende Ferienhäuser absichern und bei Störungen den Eigentümer alarmieren. Im gewerblichen Bereich erfassen sie die Parameter von Industrieanlagen und melden diese an einen zentralen Server. Die erfassten Daten werden direkt in der Cloud gespeichert – mit weltweitem Zugriff für autorisierte Stellen. Extrem geringe Latenzzeiten oder höchste Datenübertragungsgeschwindigkeiten im Gigabit-Bereich, wie sie mit der Einführung der 5G–Mobilfunktechnologie erwartet werden, brauchen derartige IoT-Geräte in der Regel nicht.
Anders ist die Situation bei Geräten, die beispielsweise der komplexen Überwachung oder der kontinuierlichen Messgrößenerfassung dienen: Hier steht oftmals eine permanente und leistungsstarke Stromquelle zur Verfügung, so dass der Energieverbrauch ein untergeordnetes Kriterium darstellt. Das Hauptaugenmerk richtet sich bei diesen hauptsächlich gewerblichen Anwendungen auf einen zuverlässigen und stabilen Betrieb der gesamten Mess- und Übertragungstrecke. Ein Ausfall - beispielsweise von Pumpen in einem Kraftwerk oder einem Aufzug in einem Hochhaus – muss hier unbedingt vermieden werden.
Aus Millionen werden Milliarden: Neue Herausforderung für Netzbetreiber
Für die Kommunikation der verteilten Geräte braucht es folglich eine Technologie, die alle physikalischen Anforderungen gleichermaßen erfüllt: geringer Energieverbrauch auf der einen, große Reichweite auf der anderen Seite. Die dafür nötigen Technologien werden unter dem Sammelbegriff LPWAN (Low Power Wide Area Network) geführt. Die bekanntesten unter ihnen heißen NB-IoT, LTE-M, SigFox und LoRa. SigFox arbeitet dabei mit einem eigenen, proprietären Standard aus der Ultra-Schmalband-Technologie (engl. Ultra-Narrow-Band), ältere Technologien wie Bluetooth dagegen fallen aufgrund der geringeren Reichweite und Datenübertragungsgeschwindigkeit nicht darunter - sie eignet sich daher kaum für zukünftige IoT-Geräte.
Den Netzbetreibern fällt in diesem Segment eine wichtige Rolle zu: Sie müssen die neuen Anforderungen der Geräte an die Mobilfunknetze zeitnah umsetzen und diese in ihre Netze integrieren, dabei dennoch den störungsfreien Betrieb der bisherigen Netztopologien sicherstellen. Denn es sind nicht mehr nur Smartphones und Tablets, die sich heute, ausgestattet mit einer temporären IP-Adresse, millionenfach durch die Mobilfunknetze bewegen. In schnell wachsender Zahl kommen die teils dynamischen, teils festen IP-Adressen der IoT-Geräte hinzu.
Welcher Standard setzt sich am Ende durch?
Auf diese konkrete Frage gibt es bisher keine eindeutige Antwort. Bei den LPWAN-Lösungen Sigfox und LoRa handelt es sich um rein proprietäre Lösungen. Große Erfolgsaussichten räumen Experten daher eher den weltweit „genormten“ Standards ein: NB-IoT und LTE-M. Nach Ansicht des „3rd Generation Partnership Project“ (kurz: 3GPP) sollen diese beiden Standards die Lücke zwischen IoT-Entwicklern und Netzbetreibern schließen. Das 3GPP-Konsortium, seit 1995 ein Zusammenschluss von sieben weltweit tätigen Mobilfunk-Gremien, hat im Juli 2016 den sogenannten „Narrowband-IoT“-Standard (NB-IoT) verabschiedet. Inzwischen wurde der Standard in LTE Advanced Pro (4.5G) integriert. Mit einer geringeren Bandbreite im Vergleich zum üblichen LTE-Kanal lassen sich damit Daten mit einer Geschwindigkeit zwischen etwa 20 und 56 kbps (Down-/Uplink) übertragen. Und obwohl ein IoT-Gerät darüber Daten überträgt, können andere Nutzer diesen LTE-Träger weiterhin für ihre Smartphone-Anwendungen nutzen. Man spricht dabei vom sogenannten „In-Band NB-IoT“.
Speziell für IoT-Gerätschaften, die mit ihrer Umwelt eher selten und langsame Datentelegramme kommunizieren wollen, stellt dieser Standard folglich in den Netzen ein schmalbandiges Frequenzband zur Verfügung. Darüber hinaus findet die „Unterhaltung“ zwischen IoT-Gerät und Basisstation abwechselnd statt – im sogenannten Halfduplex-Mode. Zusätzlich überbrückt NB-IoT eine größere Distanz zwischen IoT-Gerät und der LTE-Basisstation, dem eNodeB. NB-IoT ist damit ein brauchbarer Standard für alle Geräte oder Dienste, die verstärkt auf zeitlich kurze und eher seltene Datenübertragungen setzen. Dies betrifft beispielsweise Smart Meter, Rauchdetektoren oder Überwachungsgeräte im landwirtschaftlichen Stallbetrieb.
LTE-M: Old fashion M2M meets new economy IoT
Demgegenüber werden Anwendungen und Dienste, die eine höhere und regelmäßige Datenübertragungsrate voraussetzen, zukünftig wohl über LTE-M realisiert. Ganz offiziell heißt dieser Standard LTE-CatM1. Diesen Standard hat das 3GPP-Konsortium gleichzeitig mit NB-IoT-Standard auf den Weg gebracht. Ebenso wie NB-IoT ist auch LTE-M (Long Term Evolution for Machines) in das LTE-Release 13 integriert. Ein großer Unterschied der beiden Standards ist die Bandbreite: Im Gegensatz zu NB-IoT belegt LTE-M mit rund einem Megahertz etwa das Fünffache an Platz im Frequenzspektrum. Typische Einsatzgebiete für diesen Standard sind unter anderem Patientenmonitore, Blutmessgeräte, Fitnessbänder, Tracker und Smart Watches. Aber auch Sprachübertragungen sind möglich – hier könnte die Kommunikation in Fahrstühlen ein Anwendungsfall sein. LTE-M zielt dabei mit einfachen Protokollen und einem möglichst geringen Energieeinsatz vorrangig auch auf die Überbrückung größerer Entfernung. Der Standard hat folglich das Potential für eine große Verbreitung.
NB-IoT und LTE-M setzen eine vorhandene LTE-Infrastruktur am geplanten Einsatzort voraus. Ist diese vorhanden, können die vielen Geräte am Internet der Dinge teilhaben – beschränken dabei aber nicht die zeitgleiche Datenübertragung von Smartphones, Tablets und anderen Geräten der Privatkunden. Ein weiterer Aspekt für die beiden Standards gegenüber proprietären Lösungen einzelner Hersteller: sie können wesentlich schneller und komfortabler an Veränderungen im technischen Eco-System angepasst werden, da sie sowohl in ihrem Aufbau als auch softwareseitig bereits den Standards und Protokollen entsprechen. Proprietäre Lösungen erfordern dagegen nicht nur den „Good-Will“ des Herstellers – nicht selten fallen dafür auch höhere Kosten an.
Von: Jörg Borm
Government Relations Manager, Legal & Corporate Affairs | Jörg Borm hat ab 1997 als Diplom-Ingenieur der Nachrichtentechnik zunächst einige Jahre den Netzausbau aktiv vorangetrieben, bevor er 2006 in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wechselte. Von 2014 bis 2022 war er bei O2 Telefónica verantwortlich für die Netz-und Vertriebskommunikation (B2C). Seit Mai 2022 ist er Government Relations Manager im Bereich Legal & Corporate Affairs.
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